Ein schweizerisch-koreanischer Blick auf den Alltag
Wer in der Schweiz aufwächst, gewöhnt sich an gewisse Dinge: pünktliche Züge, ruhige Sonntagmorgen, Privatsphäre, Regeln, Berge und einen sehr ruhigen Alltag.
Dann landet man in Seoul oder Busan – und plötzlich fühlt sich die Welt schneller, lauter, überfüllter und gleichzeitig seltsam bequem an.
Hier sind 10 Kulturschocks für Schweizer in Korea , die den meisten innerhalb der ersten Tage auffallen.
1. „Ppalli-Ppalli“ Geschwindigkeit vs. Schweizer Ruhe
Die Schweiz ist bekannt für Präzision und Planung , aber der Alltag verläuft in der Regel ruhig und gleichmässig.
In Korea begegnet man der berühmten „ppalli-ppalli“-Kultur (빨리빨리) , was wörtlich „schnell-schnell“ bedeutet:
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Die Menschen gehen schnell, sprechen schnell, treffen Entscheidungen schnell
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Die Essenslieferung trifft oft in 15–30 Minuten ein.
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Die Zustellung von Paketen am selben oder am nächsten Tag ist in Grossstädten üblich.
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Die Lebensmittelläden haben rund um die Uhr geöffnet und bieten fast alles, was man braucht.
Für Schweizer, die an ruhige Effizienz gewöhnt sind, kann das koreanische Tempo gleichzeitig aufregend und stressig wirken. Ihr an SBB (Small Business Building) gewöhntes Gehirn wird beeindruckt und ein wenig überfordert sein.
2. Geräuschpegel: Ruhige Schweiz vs. lautes Korea
In der Schweiz sprechen die Menschen im Zug leiser, und Nachbarn beschweren sich, wenn man sonntags zu laut ist.
In Korea:
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In den Cafés herrscht reges Treiben mit angeregten Gesprächen und Hintergrundmusik.
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Restaurants können laut sein (vor allem Grillrestaurants und Bierlokale).
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Durchsagen in der U-Bahn, Werbung und Handys buhlen um Aufmerksamkeit.
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Die Kinder bleiben länger draussen, und manche Gegenden wirken nie wirklich „ruhig“.
Es herrscht kein „Chaos“ – es gibt Ordnung. Der Geräuschpegel ist jedoch deutlich höher als in den meisten Schweizer Städten. Viele Schweizer Besucher berichten, dass sie nach ein paar Tagen im Zentrum von Seoul einen Tag Ruhe in einem Park oder Tempel brauchen.
3. Öffentlicher Nahverkehr: Beides grossartig, aber sehr unterschiedlich
Beide Länder verfügen über ein ausgezeichnetes öffentliches Verkehrsnetz , aber der Stil ist unterschiedlich.
In der Schweiz :
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Die Züge sind sauber, bieten malerische Strecken und sind (normalerweise) pünktlich.
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Die Menschen sind relativ ruhig.
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Sie haben viel Platz, besonders ausserhalb der Stosszeiten.
In Korea :
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Die U-Bahnen fahren alle paar Minuten , besonders in Seoul.
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Die Bahnhöfe sind voller Geschäfte, Bäckereien und unterirdischer Einkaufszentren.
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Die Menschen bewegen sich in riesigen Strömen, besonders zur Stosszeit.
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Das Ein- und Auschecken mit einer T-Money-Karte fühlt sich sehr digital und schnell an.
Sie werden vielleicht überrascht sein, wie günstig die Fahrten mit der koreanischen U-Bahn und dem Bus im Vergleich zu den Schweizer Preisen sind – aber auch, wie überfüllt sie sein können.
4. Persönlicher Freiraum & Menschenmengen
Die Schweiz hat viel Platz: breite Bürgersteige, leere Bergzüge, stille Seen.
In Korea, insbesondere in den Städten, gibt es überall Menschen :
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Überfüllte U-Bahn-Waggons zur Hauptverkehrszeit
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Belebte Strassen in Hongdae, Myeongdong, Gangnam
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Warteschlangen vor beliebten Cafés oder Restaurants
Für Schweizer kann sich der kleinere persönliche Freiraum intensiv anfühlen:
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Menschen, die sehr nah bei Ihnen stehen
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Leichtes Drängeln in Menschenmengen (nicht aggressiv, nur „normaler Ablauf“)
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Weniger Entschuldigungen für Rempler und Schulterkontakte
Für koreanische Verhältnisse ist das nicht unhöflich – es ist einfach Teil des dichten Stadtlebens .
5. Hierarchie, Alter und Formalität
Die Schweizer Kultur ist relativ horizontal : Man nennt viele Leute beim Vornamen, und Hierarchien werden kaum wahrgenommen.
Die koreanische Kultur zeichnet sich durch eine viel stärkere Hierarchie und Formalität aus, insbesondere in folgenden Bereichen:
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Sprache (formelle vs. informelle Rede)
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Wie man ältere Menschen, Vorgesetzte und Lehrer anspricht
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Arbeitsplätze und universitäre Umgebungen
Ihnen könnte Folgendes auffallen:
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Leute fragen schnell nach deinem Alter – weil es bestimmt, wie sie mit dir sprechen.
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Sich beim Grüssen oder Danken leicht verbeugen
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In formelleren Situationen benutzt man beide Hände, um Gegenstände wie Visitenkarten, Getränke oder Geld zu geben/empfangen.
Für einen Schweizer mag sich das sehr höflich, aber auch sehr strukturiert anfühlen. Man denkt plötzlich viel mehr über sein Alter und seinen Status nach als zu Hause.
6. Arbeitskultur & Arbeitszeiten
In der Schweiz wird am Arbeitsplatz generell Wert auf Effizienz, Organisation und Work-Life-Balance gelegt (auch wenn Überstunden anfallen).
Die koreanische Arbeitskultur hat sich in den letzten Jahren verbessert, aber in vielen Büros und Unternehmen herrscht immer noch eine ausgeprägte „Übernachtungskultur“ vor:
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Lange Arbeitszeiten sind üblich, insbesondere in grossen Unternehmen.
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Abendliche Firmenessen ( hoesik , 회식) mit Alkohol sind zu erwarten.
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Manche Menschen fühlen sich unter Druck gesetzt, Loyalität zu beweisen, indem sie länger bleiben als der Chef.
Für Schweizer, die es gewohnt sind , zwischen 17:00 und 18:00 Uhr Feierabend zu machen und ihre Freizeit zu schützen, kann die koreanische Bürokultur ein grosser Schock sein – und ein wichtiger Faktor, wenn man überlegt, dort langfristig zu arbeiten.
7. Trinkkultur & Nachtleben
Ja, auch Schweizer trinken Alkohol – aber in der Regel eher privat und kontrolliert.
In Korea ist Alkoholkonsum oft Teil der sozialen und Arbeitskultur :
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Soju und Bier nach der Arbeit mit Kollegen
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Trinkspiele am Tisch
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Lange Nächte, die von Grillabenden über Barbesuche bis hin zu Karaoke ( Noraebang ) reichen.
Sie werden vielleicht überrascht sein von:
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Wie viel manche Gruppen an einem Abend trinken
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Leute, die in der Öffentlichkeit betrunken sind, aber noch einigermassen funktionsfähig.
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Trinken als Teil des Teambuildings, nicht nur beim Feiern
Für Schweizer Besucher kann es ein- oder zweimal ein Vergnügen sein, dies zu erleben – aber es ist auch schockierend, wie normal starker Alkoholkonsum in bestimmten Gruppen sein kann.
8. Schönheitsideale und Hautpflegebesessenheit
Die Schweiz hat einen vergleichsweise entspannten, natürlichen Zugang zur Schönheit.
In Korea spielt das Aussehen im Alltag eine viel zentralere Rolle :
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Hautpflegegeschäfte wie Olive Young überall
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Werbetafeln mit makellosen Gesichtern
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Kosmetische Chirurgie wird offen beworben
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Kommentare über Aussehen und Gewicht sind häufiger (sogar in Familien).
Gleichzeitig ist die Hautpflegekultur sehr fortschrittlich:
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Hohes Bewusstsein für Sonnenschutzmittel
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Mehrstufige Abläufe
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Viele erschwingliche Produkte und Kliniken
Für Schweizer kann diese Mischung aus Druck und hochwertiger Hautpflege gleichermassen inspirierend wie unangenehm sein. Man beginnt vielleicht, Sonnenschutzmittel ernster zu nehmen – fühlt sich aber auch stärker beobachtet.
9. Komfort: Convenience-Stores, Lieferdienste & 24/7-Leben
Die Schweiz ist berühmt für ihre sonntäglichen Ruhezeiten und die ruhigen Abende.
In Korea ist die Situation in vielerlei Hinsicht genau umgekehrt:
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Convenience-Stores (CU, GS25, 7-Eleven) haben rund um die Uhr geöffnet.
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Sie können um 2 Uhr morgens warme Speisen, Snacks, Getränke, einfache Medikamente, Ladegeräte, Zahnpasta usw. kaufen.
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Essensliefer-Apps bringen Ihnen fast alles bis an die Haustür: Brathähnchen, Kaffee, Lebensmittel, sogar Artikel aus dem Supermarkt.
Dieser Grad an Komfort rund um die Uhr kann für Schweizer Besucher einen enormen Kulturschock bedeuten:
„Sie meinen, ich kann mir um 3 Uhr morgens heisse Suppe nach Hause liefern lassen?“
Hat man sich erst einmal daran gewöhnt, kann die Rückkehr zu den Schweizer Sonntagsregeln sehr seltsam anfühlen.
10. Müll, Recycling & öffentliche Abfallbehälter
Die Schweizer sind stolz auf ihr Recyclingsystem und ihre sauberen Strassen – aber auch daran gewöhnt, dass es genügend öffentliche Mülleimer gibt.
In Korea:
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Das Abfalltrennsystem ist streng (Lebensmittelabfälle, Restmüll, Recyclingbeutel usw.).
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Viele Viertel haben festgelegte Sammelstellen und bestimmte Zeiten.
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In einigen Stadtgebieten gibt es überraschend wenige öffentliche Mülleimer (teilweise aus Sicherheits- und Verwaltungsgründen).
Dies führt zu einem amüsanten kleinen Kulturschock für die Schweizer:
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Plötzlich trägst du deinen Müll eine Weile mit dir herum.
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Du bist dir nicht sicher, welche Tasche wofür ist.
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Man erkennt, dass es auch „saubere Strassen“ gibt, hinter denen ein ganz anderes System steht.
Es erinnert daran, dass beiden Ländern Sauberkeit und Recycling wichtig sind , die Regeln und die alltägliche Erfahrung jedoch nicht dieselben sind.
Schlussbetrachtung: Kulturschocks gehören zum Spass dazu
Für Schweizer bedeutet Reisen oder Leben in Korea:
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Berge gegen Neonlichter tauschen
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Ruhige Seen inmitten geschäftiger Nachtstrassen
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Strenge Sonntagsregeln für 24/7-Komfort.
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und die ruhige Schweizer Zeit für „ppalli-ppalli“-Geschwindigkeit.
Manche Kulturschocks werden sich fantastisch anfühlen (günstiges, fantastisches Essen, Cafés, die bis spät in die Nacht geöffnet haben, schnelle Lieferung).
Andere Faktoren werden als erschöpfend empfunden (Menschenmengen, Lärm, lange Arbeitszeiten, Schönheitsdruck).
Das Wichtigste ist, sich Folgendes zu merken:
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Anders bedeutet nicht besser oder schlechter – einfach nur anders.
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Wenn man versteht, warum Gewohnheiten so begründet sind, fällt es leichter, sie zu akzeptieren.
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Es ist erlaubt, manche Aspekte zu mögen und andere nicht.
Wenn Sie Schweizer sind und eine Reise oder einen längeren Aufenthalt in Korea planen, werden Sie wahrscheinlich auf diese 10 Kulturschocks stossen. Die Frage ist:
Sind Sie bereit, sie zu erleben – und sich vielleicht ein wenig in beide Welten zu verlieben?
